Gartenbauwissenschaftliche Tagung: Energiefrage nicht überbewerten
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Irgendwann muss der Gartenbau ohne Öl und Gas auskommen – entweder, weil es diese Ressourcen irgendwann nicht mehr gibt, weil sie zu teuer werden oder weil sie aus politischen Gründen nicht mehr eingesetzt werden können, begründete Prof. Dr. Andreas Betram von der Fachhochschule Osnabrück die Fragestellung der Veranstaltung.
Einsparmöglichkeiten sind ausgereizt
Thomas Rath von der Universität Hannover verwies in einem Impulsreferat auf Kernfakten für die Suche nach Lösungen in Sachen Energie:
- Der Anteil des Gartenbaus am gesamten Primärenergieverbrauch ist mit geschätzten 0,3 % sehr gering. Aus diesem Grund ist nicht zu erwarten, dass es für diesen Bereich außerordentliche Forschungsanstrengungen geben wird.
- Die fossilen Energieträger reichen noch lange. Alle Erfahrungen zeigen, dass enorme Lösungsanstrengungen erst unternommen werden, wenn aktueller Bedarf besteht und nicht mehrere Jahrzehnte im Voraus.
- Gerade wenn der Anteil neuer Brennstoffe zunehme, kann dies über eine entsprechend schwächere Ölnachfrage für moderate Ölpreise sorgen. Dies wiederum bedeutet, dass der Ölverbrauch so lange auf einem hohen Niveau bleibt, bis die Vorräte erschöpft sind.
- Biogene Energieträger sind „Spielerei“, so Rath. Um den Energiebedarf eines Gewächshauses zu decken, müsse eine 65mal so große Fläche mit Miscanthus angebaut werden. Monokulturen in großem Stil seien nicht wünschenswert.
Rath verwies auf ungenutzte Chancen, wenn beispielsweise Abwärme aus Kraftwerken nicht für Gärtnereiprojekte eingesetzt werde. Dies liege oft nicht an mangelnder technischer Durchführbarkeit, sondern an der fehlenden Bereitschaft von Gärtnern zur Kooperation.
Echte Zukunftschancen sieht Rath zum einen bei der Erdwärme. Hier stünden immense Energievorräte zur Verfügung, die gegenwärtig noch kaum genutzt werden. Zum anderen biete die Sonneneinstrahlung künftig ebenfalls enorme Möglichkeiten. Die Sonneneinstrahlung einer halben Stunde auf die Erde entspreche dem weltweiten Energiebedarf eines ganzen Jahres, verdeutlichte Rath das Potenzial.
Er unterstrich, dass die technischen Möglichkeiten, Energie einzusparen, weitgehend ausgereizt seien. Der einzige wirkliche „Quantensprung“ der letzten Jahrzehnte sei die Einführung der Energieschirme gewesen.
Dr. Dirk Ludolph, Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Hannover-Ahlem, sagte, dass auch aus pflanzenbaulicher Sicht die Möglichkeiten zur Energieeinsparung weitgehend erschöpft sind. Eventuell gebe es Reserven bei der Klimasteuerung.
Arbeitskosten sind eine größere Herausforderung
Von den Workshop-Anwesenden kamen weitere Anmerkungen zur Energiefrage:
- Häufig werden Lösungen für die Energiefrage ausschließlich von Seiten der Technik erwartet. Lösungen können und müssen aber auch aus anderen Bereichen kommen.
- Es gibt schon jahrelang viel Wissen in Sachen Energieeinsparung, das vielfach in Betrieben immer noch nicht genutzt wird.
- Eine Abwärmesteuer wäre sinnvoll, weil sie die Abwärmeerzeuger anregen würde, sich um Abnehmer zu bemühen.
- Die Verbraucher lassen sich bei ihren Pflanzenkäufen in einem gewissen Rahmen beeinflussen, was Arten und Sorten betrifft. Dies kann man nutzen, um wenig Energie benötigende Pflanzen anzubauen und zu verkaufen.
- Mehrere Teilnehmer verwiesen darauf, dass die Energiefrage für die Zukunft des Gartenbaus gar nicht so entscheidend sei. Die Kosten für Arbeit seien eine viel größere Herausforderung. Auch die Entwicklung der Transportkosten werde großen Einfluss haben.
- Gartenbaubetriebe können sich an allgemeine Entwicklungen nur anpassen, weil ihr Anteil am Gesamtenergieverbrauch nur sehr klein ist. Deshalb ist es unrealistisch, von den Unternehmen zu erwarten, dass sie völlig neue Lösungswege entwickeln. ck
(c) DEGA online, 28. Februar 2007
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