Globalisierung im Gartenbau
Für eine verstärkte Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis warb der Präsident des Zentralverbands Gartenbau (ZVG), Heinz Herker, bei der Eröffnung der 45. Gartenbauwissenschaftlichen Tagung in Berlin. Veranstalter sind die Deutsche Gartenbauwissenschaftliche Gesellschaft (DGG) und der Bundesverband der Hochschulabsolventen/Ingenieure Gartenbau und Landschaftsarchitektur (BHGL).
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Herker rief dazu auf, Netzwerke zu knüpfen und gemeinsam als gärtnerischer Berufstand in die Öffentlichkeit zu treten. Der Globalisierung und ihren Folgen für den deutschen Gartenbau war die Plenarveranstaltung gewidmet.
Eine Folge der Globalisierung von Pflanzenproduktion und -handel ist die zunehmende Verschleppung von Arten in „neue Lebensräume“, erläuterte Prof. Dr. Jens Georg Unger, JuliusKühn-Institut (JKI), Braunschweig. Manchmal verursachen diese gebietsfremden Arten enorme wirtschaftliche Schäden. Klassische Verschleppungswege sind Jungpflanzen, Früchte oder Knollen. „In der global vernetzten Jungpflanzenproduktion kann die gesamte Sparte durch neue gebietsfremde Arten sofort und erheblich durch Schäden oder indirekt durch Einfuhrbeschränkungen betroffen sein“, so Unger. Mit Ralstonia solanacearum infizierte und importierte Pelargonien haben beispielsweise zu Handelsbeschränkungen geführt. Durch Bonsai aus Japan und Acer aus China wurde der Schädling Anoplophora chinensis eingeführt, was 2008 zu einer Vernichtung von 38000 Pflanzen mit 10%igem Befall führte. Aber auch über Verpackungsholz können Schädlinge verschleppt werden.
Standards für den globalen Handel
Rechtlicher Hintergrund für Maßnahmen gegen die Einschleppung gebietsfremder Arten sind die Pflanzenbeschauverordnung, EU-Richtlinien oder Globale Standards wie das internationale Pflanzenschutz-übereinkommen. Derzeit gibt es 30 internationale Standards zu Maßnahmen zur Pflanzengesundheit.
Klassische Grenzkontrollen sind wenig wirksam und beeinträchtigen den Handel. Zukünftig werden nicht mehr einzelne Sendungen von Kontrollbehörden inspiziert. Stattdessen gibt es verstärkte Kontrollen der betrieblichen Produktionssysteme, um mehr Sicherheit vor latenten Erregern zu erlangen und um die Anforderungen im globalen Handel gleich zu gestalten. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird es laut Unger Standards zum globalen Handel mit Pflanzen zum Auspflanzen geben.
Die Macht des Einzelhandels
Entwicklungs- und Schwellenländer produzieren vermehrt Gartenbauprodukte, insbesondere Gemüse, so Dr. Vanessa von Schlippenbach, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Auch in den Ländern selbst wird durch eine zahlungsfähige Bevölkerungsgruppe die Nachfrage nach höherwertigen Lebensmitteln größer. Gartenbauliche Produkte und deren Export bergen für Entwicklungs- und Schwellenländer ein großes Potenzial, um landwirtschaftliche Einkommen zu steigern. Im Zuge der Internationalisierung sind Produzenten zunehmend vom Einzelhandel in den Industrieländern abhängig. Schlippenbach sprach von der Nachfragemacht des Einzelhandels. Je differenzierter die Produktion ist, desto geringer ist die Chance der Listung im Einzelhandel.
Fortlaufende Innovationen sind gefragt
„Die Phase der Innovation hat begonnen“, sagte Prof. Dr. Alvaro Rojas, Botschafter der Republik Chile, Berlin. Chile ist ein Exportland für hochwertige Nahrungsmittel, besonders Obst. Die wichtigsten Abnehmermärkte sind Europa und die USA. Die technischen, unternehmerischen und wirtschaftlichen Faktoren sind mittlerweile gut abgestimmt. Um diese gute Stellung zu behalten, benötigt Chile dauerhaft Innovationen in den Bereichen Produktion, Nachernte, Logistik, Transport und Vermarktung. Für diese Herausforderungen sind wissenschaftliche Partner notwendig.
Internationale Gartenbauforschung und -lehre
Den Perspektiven internationaler Kooperationen in gartenbaulicher Forschung und Lehre war ein Workshop gewidmet. Daraus ergaben sich folgende Aussagen:
Internationalität ist Voraussetzung für die Wissenschaft.
Mindestens ein Auslandssemester sollte heute jeder Student absolvieren.
Vielen Studierenden ist die Wichtigkeit der Internationalität noch nicht deutlich. Noch zu wenig deutsche Studenten interessieren sich für ein Auslandsstudium. Auch Sprachbarrieren gelten zum Teil als Hürde. Insgesamt sind die Widerstände jedoch geringer geworden.
International gesehen gibt es jede Woche Stellenangebote für Nachwuchswissenschaftler.
TEXT: Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover
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