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Interview mit Branchenexperte Ruud Ruiter, Twello/NL

„Gutes Personal ist wichtig“

Viele Gärtner müssen heute zu Betriebsmanagern werden. DEGA sprach mit Ruud Ruiter, Twello/NL, über dessen Erfahrungen und Prognosen für den Gartenbau.
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DEGA: Herr Ruiter, Sie haben für namhafte Unternehmen des Gartenbaus als Angestellter in den Bereichen Marketing und Organisation gearbeitet. Warum haben Sie sich selbstständig gemacht?

Ruiter: Mit Anfang 40 fühle ich mich voll im Leben, habe viel gelernt, gesehen und erfahren – genug, um auf eigenen Beinen zu stehen. Zusammen mit den Kunden möchte ich deren Zukunft optimal gestalten.


DEGA: Was ist Ihr Ziel und wie sind die ersten zwei Jahre Ihrer Selbstständigkeit gelaufen?

Ruiter: Ich bin zufrieden, denn der Bedarf für unsere Tätigkeit ist absolut vorhanden. Zunächst heißt es, für unsere Dienstleistungen Vertrauen zu entwickeln. Unser Ziel ist, zwischen dem Fachwissen innerhalb und außerhalb der Branche Verbindungen zu schaffen, das heißt, den Blick für den Gartenbau über den Tellerrand hinaus zu schärfen. So arbeiten wir bei der Personalpolitik zusammen mit Trainern, die Erfahrungen in der Gartenbaubranche haben, jedoch auch Banker und Politiker trainieren. Diese Kombination ist sehr wertvoll.


DEGA: Was macht Ihnen in Ihrem Job am meisten Spaß?

Ruiter: Neue Konzepte und Möglichkeiten zu entwickeln, damit Betriebe sich verbessern und ihre Fähigkeiten entfalten können. Das Marketing-Projektmanagement konzipiere ich in eigener Regie. Im Prinzip helfe ich hauptsächlich bei der Umsetzung, denn meis­tens hat der Unternehmer bereits „alles irgendwie im Kopf“, weiß jedoch nicht, wie er seine Ideen und Wünsche am besten umsetzen und verwirklichen kann. Genau hierbei unterstütze ich ihn.


DEGA: Was war Ihr bisher schönstes Projekt?

Ruiter: Die Schulung der Verkaufsabteilung der Subs­tratfirma Hortimea in Nimwegen. Wir haben mit einer Kundentypologie und Rollenspielen gearbeitet. Es ging darum, mögliche Widerstände bei den Kunden zu durchbrechen. Zum Abschluss haben wir ein „Coaching on the Job“ durchgeführt, zu dem jeweils ein Trainer mit zu den Kunden gefahren ist. Die Resonanz war sehr gut, der Erfolg messbar. Vertreter kennen ihre Produkte meist sehr gut. Oft ist bei den „Soft Skills“, den „weichen Eigenschaften“, wie beispielsweise dem Auftreten oder der sozialen Kompetenz, noch viel zu lernen. Fachwissen ist wichtig und gut, doch letztendlich geht es um das Ja oder Nein eines Auftrags.


DEGA: Welche Unterschiede sehen Sie zwischen deutschen und niederländischen Gärtnern?

Ruiter: Niederländische Gärtner haben oft eine fachlich qualifiziertere Ausbildung und die Möglichkeit, viel mit Universitäten zusammenzuarbeiten. Niederländische Betriebe sind im Vergleich zu deutschen Unternehmen im Durchschnitt größer, führen ein schmaleres Sortiment und betreiben kaum Endverkauf. In Deutschland gibt es noch mehr Handarbeit und dementsprechend mehr Personal. Für beide Landsleute erweist sich der Schritt vom Gärtner zum Betriebsmanager oft als ein schwieriger Schritt. So entstehen oft Probleme ab einer bestimmten Betriebsgröße.


DEGA: Was wünschen Sie sich für Ihre Kunden und die Gärtner allgemein?

Ruiter: Dass sie erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben! Unternehmer, die wie in früheren Zeiten arbeiten, werden nicht überleben. Heute wird eine größere Zusammenarbeit verlangt, sowohl mit dem eigenen Personal als auch mit Lieferanten, Kunden und Berufskollegen.


DEGA: Wie sollte die Zusammenarbeit mit dem eigenen Personal aussehen?

Ruiter: Die Zukunft eines Unternehmens hängt zu einem großen Teil von gutem Personal ab. Hier kommt es auf viele kleine Details an. Die Mitarbeiter wollen wahrgenommen werden, auch vom Chef. Die Arbeitsbedingungen müssen optimiert werden. Dazu gehört beispielsweise, körperlich schwere und langweilige Arbeiten durch Automatisierung zu ersetzen. Ziel ist, dass sich potenzielle Arbeitskräfte nach Arbeitsmöglichkeiten im Betrieb erkundigen, nicht umgekehrt. Dies erfolgt automatisch, wenn die Mitarbeiter zufrieden sind und „ihren“ Betrieb begeistert weiterempfehlen.


DEGA: Welche Tipps geben Sie Gartenbaubetrieben, um gutes Personal zu bekommen?

Ruiter: Schaffen Sie Transparenz und laden Sie vor allem junge Menschen wie Schüler und Studenten in Ihren Betrieb ein. Auch Tage der offenen Tür schaffen einen guten Einblick in den Gärtnerberuf. Allerdings sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass zu solchen Anlässen alles sauber und aufgeräumt ist. Selbst Ess­tisch samt Teller und Tassen müssen wirklich blitzblank sein. Dies scheinen im Gartenbau oft Nebensächlichkeiten. Jedoch gerade diese Details sorgen bei Vernachlässigung schnell für ein negatives Image. Oft sind es gerade junge Menschen, die auf solche Details achten und diesen große Bedeutung beimessen.


DEGA: Welche Trends beobachten Sie im Gartenbau?

Ruiter: Neue Produkte mit einem höheren Mehrwert auf den Markt bringen, erfordert eine größere Zusammenarbeit zwischen allen im Gartenbau beteiligten Schachfiguren. Das heißt, zwischen Züchter, Jungpflanzenproduzenten, Gärt­ner und dem Endverkauf sind bessere Vereinbarungen erforderlich. Dieses Bewusstsein fasst in der grünen Branche langsam Fuß und führt hie und da bereits zum Erfolg. Was die Pflanzen betrifft, sehe ich Phalaenopsis noch immer gut im Trend. Neueinsteiger haben es mit dieser Kultur allerdings schwer.


DEGA: Was berührt den niederländischen Gartenbau momentan am meisten?

Ruiter: Die hohen Kosten, speziell die Energiekosten, aber auch der Mangel an guten Arbeitskräften. Man kann dies aber auch positiv sehen. Aus der Notlage ergeben sich sehr viele potenzielle Ansätze für neue Energiequellen und Forschungsarbeiten. Außerdem werden Imagekampagnen vorbereitet, um dem Gartenbau ein besseres Ansehen zu verleihen, besonders für junge Menschen.


DEGA: Welche Veränderungen sehen Sie sonst noch für den niederländischen Gartenbau?

Ruiter: Die Absatzwege, die oft über die Versteigerungen führen, sind viel zu lang. Die Ware geht vom Züchter zum Jungpflanzenproduzenten, zum Gärtner, zur Versteigerung, an den Großhandel und dann zum Endverkauf. Der Gärtner weiß gar nicht mehr, wo sein Produkt am Ende hinkommt. Die erste Frage, die ein Gärtner sich stellen sollte, lautet: Wer sind meine Kunden? Erst dann kann er entscheiden, ob er lieber Massenware oder hochwertige Produkte, ein breites oder ein schmales Sortiment produzieren soll, und überlegen, welche Farben gerade angesagt sind.

Der Gartenbau sollte mehr Wert auf qualifiziertes Fachpersonal legen. Das Personal für das mittlere und obere Management stammt immer häufiger von außerhalb des Gartenbaus. Hier kommt es darauf an, diese potenziellen Kandidaten an sich zu binden, wobei es nicht immer ums Einkommen geht, sondern um Zukunftsperspektiven, sodass sich das Personal entwickeln kann. Dem Gartenbau fehlen Fachspezialisten. Auf der kommenden Horti Fair sind wir deshalb in Zusammenarbeit mit Züchtern, einer niederländischen Fachhochschule und der Universität Wageningen an einem Projekt zur Job-Vermittlung beteiligt.



Die Fragen stellte Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover
Bild: Fischer-Klüver

 

(c) DEGA online



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