„Am wichtigsten ist es, Kundenwünsche zu erkennen und darauf zu reagieren“
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In dieser Ausgabe werfen wir einen besonderen Blick auf den Gartenbau in Österreich. Aus diesem Grund fragten wir Kurt Weber, Präsident des Bundesverbands der Österreichischen Gärtner, nach Besonderheiten der Situation im österreichischen Gartenbau. Kurt Weber führt einen Gemüsebaubetrieb in Wien.
DEGA: Herr Weber, hat der Gartenbau in Österreich, vor allem in Wien, von der Europameisterschaft in diesem Jahr profitiert?
Kurt Weber: Der Gartenbau in Wien hat von der hervorragenden Europameisterschaft, wobei ich der deutschen Fußballmannschaft herzlich gratuliere, nicht profitiert. Mitte bis Ende Juni, wo in „normalen“ Jahren die Geschäfte sowieso etwas erlahmen, war es heuer besonders flau. Die Leute gaben ihr Geld in dieser Zeit eher weniger für Gartenbauprodukte aus.
DEGA: Mit welchen besonderen Herausforderungen hat der Gartenbau in Österreich derzeit besonders zu kämpfen, einmal abgesehen von den europaweit bestehenden hohen Energiekosten und Fragen des Pflanzenschutzes?
Kurt Weber: In Österreich sind die Gartenbaubetriebe größtenteils kleinbetrieblich strukturiert. Somit ergibt sich eine enorme Konkurrenzsituation mit den großen Garten- und Baumärkten. Erschwerend hinzukommen Wettbewerbsverzerrungen, da es keine einheitlichen Regelungen in der EU gibt. Ein weiterer Punkt neben den explodierenden Energiekosten, die den heimischen Gartenbaubetrieben sehr zu schaffen machen, sind die erhöhten Ausgaben für Betriebsmittel, die sich in den Preisen nicht weitergeben lassen. Außerdem sind für das Personal hohe Lohnnebenkosten zu bezahlen. Durch die allgemeinen Teuerungen haben auch die Konsumenten weniger Geld verfügbar. Dadurch schließt sich in gewisser Weise ein Teufelskreis. Österreichs Betriebe müssen in Zukunft die hohe Qualität ihrer Produkte sowie die kompetente Fachberatung, die dem Kunden geboten werden, viel mehr herausstreichen. Vor allem gute Beratung wissen interessierte Kunden zu schätzen.
DEGA: Produzenten müssen auch in Österreich mit niedrigen Preisen zurechtkommen. Wie können sie dennoch künftig erfolgreich sein?
Kurt Weber: Wie schon erwähnt, muss die Top-Qualität betont werden. Ebenso wichtig in der aktuellen Situation ist es, die Regionalität hervorzustreichen. Heimische Ware kann umweltschonender produziert werden und muss nicht etliche Tausende Kilometer transportiert werden. Sie ist somit viel weniger belastend für die Umwelt als andere Produkte. Es wird ebenso die Vermarktung überdacht werden müssen, da eine punktgenaue Werbung für heimische Produkte notwendig ist, um die Kunden immer aktuell ansprechen zu können. Der österreichische sowie der Markt in den angrenzenden EU-Ländern muss genau beobachtet werden, um auf Veränderungen rasch reagieren zu können. Zu überlegen wäre auch ein gemeinsamer Einkauf von Betriebsmitteln, um so für alle Kosten sparen zu können.
DEGA: Wo sehen Sie besondere Chancen für Einzelhandelsgärtner in Österreich für die Zukunft?
Kurt Weber: Am wichtigsten ist es, Kundenwünsche zu erkennen und darauf zu reagieren. Natürlich sind gute Qualität und individuelle Kundenbetreuung Grundvoraussetzungen. Das Personal muss bestens geschult sein, um sich mit kompetenter Beratung von der Konkurrenz der Garten- und Baumärkte abheben zu können. Wichtig ist es auch, nicht nur 08/15-Produkte anzubieten, sondern ein umfangreiches Sortiment zu haben. Eine andere Möglichkeit stellt die individuelle Nischenproduktion dar. Moderne Technik in der Gärtnerei ist Grundvoraussetzung, um Arbeitsabläufe verbessern zu können. Es wäre in Zukunft eine Überlegung wert, aufgrund der explodierenden Heizölpreise, auf alternative Energiegewinnung umzusteigen.
Die Fragen stellte Christoph Killgus
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