Die Wertschätzung für den Berufsstand fördern
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DEGA GARTENBAU: Glückwunsch zum Jubiläum! Für viele Menschen ist die Sendung Kult. Wie fühlt sich Kult an?
Jens Haentzschel: Immer noch arbeitsintensiv, aber Kult kommt bei mir nicht an. Dafür ist die Sendung eine Nische, und eine Showtreppe möchte niemand von uns in der Sendung haben. Wir müssen jede Woche als Team viel leisten, um unsere Zuschauerinnen und Zuschauer zu begeistern. Es ist nicht einfach, für jeden oder jede etwas dabei zu haben, aber wir haben unsere Fans, und das sind nicht nur erfahrene Hobbygärtner, sondern längst auch Anfänger, junge Familien, Bloggerinnen, Fachleute. Die Mischung zeigt, dass wir nicht für eine Handvoll Gartenenthusiasten rumgärtnern.
Du hast gerade gesagt, dass auch der Gartenbau zuschaut. Wie kommen die Gärtnerinnen und Gärtner in der Sendung vor?
Jens Haentzschel: Sie sind es, die uns die Expertise liefern. Hier kommt jahrelanges Wissen und große Erfahrung an unser Filmset. Das können wir nicht oft genug betonen. Mal sind es Fachgespräche über ganz verschiedene Kulturen, die sich durch die ganze Sendung ziehen, mal tauchen sie als Experten in kleineren Filmbeiträgen auf. Ohne die Innovation vom Gartenbau würde die Sendung anders funktionieren, und ich staune immer wieder, was letztlich nach Aufzeichnungen auch in meinem Kopf hängen bleibt.
Heißt das, dass Diana Fritzsche-Grimmig und du mehr vermitteln, als mit eigenen Erfahrungen zu punkten?
Jens Haentzschel: Jeder von uns hat ganz eigene Erfahrungen, die wir auch in die Sendungen einfließen lassen. Diana bringt Pflanzen aus ihrem Garten mit oder bereitet Bodenproben vor. Ich bringe meinen verlausten Salbei mit, um über Probleme zu reden. Wir haben ja auch ein Gartenleben. Aber ich denke, wenn ein Gartenbaubetrieb mir oder Diana eine Gärtnerei als Ferienvertretung überlässt, waren die Ferien für den Gärtner die letzte große Erholung.
Eure Kontakte reichen durch die ganze Republik. Das macht die Sendung schon besonders. Wie kommen die Kontakte zustande?
Jens Haentzschel: Wir haben früh angefangen, uns um Fachleute zu kümmern. Für mich und meine Kollegin Diana Fritzsche-Grimmig gilt: Wir sind Vermittler. Die Experten haben das Wissen, wir die meist richtigen Fragen und der Zuschauer bekommt so seine Informationen. Manchmal auch nur etwas Neugier, denn eine Sendung reicht nie aus, alles zu besprechen. Hinzu kommt die tolle Arbeit unserer Fachberaterin Brigitte Goss, die als Mensch eine große Bereicherung ist und die einfach eine Allrounderin für viele Gartenfragen ist.
Kommen Themen manchmal auch direkt von Gärtnerinnen und Gärtnern zu euch oder entscheidet ihr in der Redaktion selbst?
Jens Haentzschel: Wir treffen schon die Auswahl, aber die Experten unserer Sendung, die sich bei uns wohlfühlen, melden sich mit Ideen und Themen, die wir gern aufgreifen. Susanne Peters mit ihren alpinen Pflanzen ist da ein gutes Beispiel. Sie mailt uns Ideen und wir besprechen das in der Redaktion und entscheiden. Wichtig ist auch, dass wir bei den Aufzeichnungen im egapark Erfurt nicht mit einer Staude im Park stehen, sondern die Experten haben reichlich Auswahl an Bord. Sie machen dann Appetit auf etwas, das morgens um 8.30 Uhr zur Sendezeit am Sonntag gut tut.
Ihr erreicht eine große Anzahl an Menschen. Wie läuft der Dialog mit den Zuschauern?
Jens Haentzschel: Es sind mit Erstausstrahlung und Wiederholung und den weiteren Möglichkeiten mitunter bis zu 500.000 Zuschauer. Das ist sehr viel. Wir bekommen nach jeder Sendung Lob und Kritik, aber vor allem auch Anfragen zu den Pflanzen, die wir vorstellen. Das merken wir, und das freut mich besonders. Brigitte Goss sitzt als Expertin an der Schaltstelle zu den Zuschauern. Sie beantwortet die Gartenfragen der Zuschauer. Diese Anfragen fließen wiederum in die Planung der Themen ein oder werden dann konkret auch mal in einer Zuschauerfragesendung beantwortet. Das gehört einfach bei einem Servicemagazin dazu. Eine große Reichweite haben wir zudem durch die Aktivitäten im Bereich „Social Media".
Noch einmal zurück zum Gartenbau. Glaubst du, er profitiert von so einer medialen Unterstützung?
Jens Haentzschel: Ganz sicher, wobei es nicht unsere Kernaufgabe ist, den doch sehr gut aufgestellten Gartenbau zu unterstützen. Mir persönlich ist es wichtig, dass wir die Vielfalt im Auge haben. Es gibt unzählige Spezialgärtnereien, die den Markt bereichern, und eben nicht nur die Standard-Discounter. Die machen auch einen guten Job, keine Frage. Aber in meinen Porträts für DEGA GARTENBAU oder dem MDR Garten merke ich immer, wie groß die Leidenschaft für Pflanzen bei den oftmals kleineren Betrieben ist. Wenn es in zehn Jahren dann doch nur ein langweiliges Grundsortiment an Pflanzen geben sollte, dann habe zumindest ich meinen Job nicht gemacht. Aber zurück zur Frage. Klares Ja. Der Reiz, nach einer Sendung die vorgestellten Pflanzen auszuprobieren, ist groß. Es ist immer dann ärgerlich für den Gärtner, wenn wir eine Sendung wiederholen und er just in diesem Jahr die damals vorgestellte Pflanze nicht vorrätig hat.
Ihr seid zuletzt für Dreharbeiten auch in Gärtnereien unterwegs gewesen, zum Beispiel in Neustadt in Sachsen. Ist das Drehen in gärtnerischen Betrieben Neuland für euch?
Jens Haentzschel: Das ist eher ein roter Faden. Wir sind oft in und um Erfurt in Gartenbaubetrieben. Das ist praktischer, weil der Gärtner nicht mit ein paar Pflanzen zu uns kommen muss, sondern wir eben aus der Vielfalt schöpfen können. Eine Gärtnerei ist auch ein authentischerer Ort für uns. Hinzu kommt, dass der egapark Erfurt derzeit eine lärmende Großbaustelle für die BUGA 2021 ist. Da nutzen wir die Möglichkeit, raus zu gehen einfach etwas häufiger. Die Sendungen aus Gärtnereien sollen ja auch dem Zuschauer verdeutlichen, mit welchem immensem Aufwand Pflanzenzucht und -produktion abläuft. Mit diesen Einblicken wollen wir auch die Wertschätzung der Menschen hinter den Pflanzen und dem Berufsstand allgemein fördern. Und solche Einblicke sollen auch zeigen, warum Pflanzen nicht 49 Cent kosten können.
Wie siehst du persönlich den deutschen Gartenbau?
Jens Haentzschel: Leistungsfähig, wandelbar, innovativ, leidenschaftlich und auf einem guten Weg, wenn es um den Verzicht von Plastik geht. Ich denke wirklich, eine Sendung wie der MDR Garten kann nur von all den Eigenschaften des Gartenbaus profitieren und es gibt gewisse Synergien. Wir geben dem Gartenbau mit unserer Sendung auch Gesichter. Jemand wie Thomas Ackermann in Schönstedt wird ebenso von Kunden angesprochen, wenn er zu Gast bei uns war, wie eine Floristin wie Kathrin Katt oder die Gärtnerinnen und Gärtner im egapark.
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