Sachlichkeit ist das oberste Gebot"
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DEGA GARTENBAU: Was hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren bei Ihrer Arbeit am stärksten verändert?
Günter Bayer: Die Baumschulen stehen nach wie vor im Strukturwandel und müssen sich zum Teil mit einem immer stärkeren Dienstleistungsangebot auf dem Markt behaupten. Für die Einzelhandelsgärtner sind erhebliche Marktveränderungen eingetreten, weil sich der Pflanzenkauf immer stärker zum organisierten Handel verlagert. Die Friedhofsgärtner haben mit den gärtnerbetreuten Anlagen eine Antwort auf die Herausforderung der Zeit gefunden. Insgesamt müssen sich die Betriebe an immer schnellere Veränderungen anpassen und ihre Prozesse entsprechend ausrichten.
Sehr stark hat sich vor allem in den letzten Jahren die Anlagestrategie bei der Rheinischen Treuhandstelle für Dauergrabpflege verändert. In den 1990er-Jahren wurde das Geld der Kunden in festverzinslichen Papieren angelegt. Heute sind wir bestrebt, Anlagen zu finden, die zum einen sicher sind und zum anderen den nötigen Ertrag bringen, damit die Gärtner die Kostensteigerungen auffangen können.
DEGA GARTENBAU: Geht in den nächsten Jahren im Zierpflanzenbau nur noch groß?
Günter Bayer: Ich bin sicher, dass die Betriebsgrößen weiterhin zunehmen werden. Der organisierte Handel sucht leistungsfähige Betriebe. Dieser Trend wird sich nicht mehr umkehren. Trotzdem wird es auch Chancen für mittlere und kleine Betriebe geben. Aber auch hier müssen Konzepte für einen gesicherten Absatz gefunden werden. Der Verkauf an Privat ab Betrieb wird sicherlich weiterhin eine Chance bleiben.
DEGA GARTENBAU: Wo sehen Sie die Herausforderungen für die Branche in den nächsten Jahren?
Günter Bayer : Einmal sehe ich die Gesamtproblematik Umwelt. Dazu gehören Pflanzenschutz, Kunststoffe und Torfersatzstoffe. Bei den Töpfen kommt mit Sicherheit irgendwann die Diskussion wegen der Kunststoffe aber bis heute gibt es zum Plastiktopf keine Alternative, die in der Praxis auch nur annähernd brauchbar ist. Ersatzstoffe für Torf sind auch so ein Thema. Hier ist die Branche am Anfang des Weges. Was mich dabei umtreibt, ist die Art der Diskussion. In der Öffentlichkeit wird vieles längst nicht mehr rational diskutiert, denken Sie nur an die Debatte über die Dieselfahrzeuge oder über bestimmte Bereiche des Pflanzenschutzes.
DEGA GARTENBAU: Was wird die Betriebe neben der Umweltproblematik noch herausfordern?
Günter Bayer: Alle Betriebe spüren mittlerweile den Mangel an Arbeitskräften. Das betrifft auch den Mangel an Fachkräften. Wir stellen eine verstärkte Ausbildungsbereitschaft fest. Außerdem muss in den Betrieben ein noch stärkeres Preis- und Kostenbewusstsein und somit auch Preisbewusstsein entstehen. Dass immer noch unter Gestehungskosten verkauft wird, ist absolut nicht nachzuvollziehen. Ich verstehe nicht, dass in einer Branche viel gearbeitet wird, um Geld zu verlieren. Das geht auch einfacher.
DEGA GARTENBAU: Wirtschaftlich arbeiten ist ein gutes Stichwort. Sie haben immer deutlich gemacht, dass Sie den Verband wie ein Unternehmen sehen und ihn auch so führen.
Günter Bayer: Wenn Sie unseren Verband mit seinen Töchtern wie zum Beispiel der Treuhandstelle für Dauergrabpflege oder der Fördergesellschaft sehen, sind wir eine Holding für den Gartenbau. Zu unseren Aufgaben gehören natürlich die politische Arbeit für die Mitglieder und die Betreuung der Mitglieder selbst. Der Verband als solches muss geräuschlos funktionieren, damit er seinen Aufgaben gerecht werden kann. Das ist so in jedem Unternehmen.
DEGA GARTENBAU: Wie viel Verband brauchen die Gärtner heute?
Günter Bayer : Ich denke, wir brauchen auch in Zukunft wie heute neben dem Zentralverband Gartenbau als Dachverband die Landesverbände, allein schon wegen der föderalen Struktur in Deutschland. Auch brauchen unsere Betriebe die Betreuung in der Fläche von Berlin aus ist das nicht leistbar. Im Vergleich mit den 1990er-Jahren haben auch in NRW wie überall in Deutschland die Mitgliederzahlen deutlich abgenommen. Die Wirtschaftskraft dieser Mitglieder hat sich aber stetig weiterentwickelt. Was sich über die Jahre geändert hat, ist, dass die Ansprüche an den Verband deutlich gestiegen sind. Die Beratungsleistung hat erheblich zugenommen. Die Betriebe verlangen eine stärkere politische Vertretung. Sie sind aber auch bereit, dafür ihren finanziellen Beitrag zu leisten. So haben wir vor wenigen Tagen in Bochum die Verbandsbeiträge für die nächsten drei Jahre mit nur einer Wortmeldung einstimmig verabschiedet.
DEGA GARTENBAU: In Bochum wurde auch entschieden, dass die beiden Geschäftsstellen ein gemeinsames Quartier mit den Landschaftsgärtnern in Oberhausen beziehen werden.
Günter Bayer : Für die Verschmelzung der beiden Verbände und die Zusammenlegung der Geschäftsstellen haben wir intensiv über Jahre gearbeitet. In meinen ersten Jahren hier in Köln waren die rheinischen Landschaftsgärtner noch im Haus. Da konnten viele Dinge auch mal auf dem kleinen Dienstweg auf dem Weg von der Tiefgarage ins Büro geregelt werden. Räumlich Nähe, das habe ich den Jahren gelernt, hat viele positive Effekte. Man kann sich zwar auch in einer Zweizimmerwohnung auseinanderleben, aber ich verspreche mir von dem neuen grünen Haus in Oberhausen mehr Gemeinsamkeiten, einen geschlossenen Auftritt gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit und Synergien bei der Arbeit.
DEGA GARTENBAU: Die politische Arbeit für die Branche ist ein wichtiger Teil der Verbandsarbeit. Welches Vorgehen ist dabei aus Ihrer Erfahrung wichtig?
Günter Bayer: Sachlichkeit ist das oberste Gebot sowohl im Umgang mit der öffentlichen Meinung als auch in Gesprächen mit der Politik. Gerade bei der politischen Arbeit ist es wichtig, das Gemeinwohl nicht aus den Augen zu verlieren. Es kann bei Problemen nur um Hilfe zur Selbsthilfe gehen. Grundsätzlich ist erst einmal immer der Unternehmer gefordert. Die Politik ist dann für die Rahmenbedingungen zuständig.
DEGA GARTENBAU: Im Rückblick auf ein Arbeitsleben in der grünen Branche was prägt sie und was geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?
Günter Bayer: Der Umgang mit den Gärtnern hat mich nicht nur geprägt, sondern ich habe ihn auch besonders geschätzt. Trotz vieler Veränderungen in den letzten Jahren bilden die Gärtner immer noch eine Familie, der Umgang miteinander ist von hoher Wertschätzung geprägt.
Als Verband müssen wir der sachkundige Ratgeber für unsere Betriebe, aber auch ein verlässlicher Partner für die Politik sein und bleiben. Gegenüber der Öffentlichkeit hilft nur Ehrlichkeit. Wenn wir diesen Kurs verlassen, besteht die Gefahr, dass die Branche in die Diskussion gerät und das mit der ganzen Polemik, mit der solche Debatten heute geführt werden.
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