Die Fokussierung steht noch aus
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Das seit November 2015 laufende Projekt HortInnova soll eine „Forschungsstrategie für Innovationen im Gartenbau" finden. Am 4. und 5. April fand an der Humboldt-Universität in Berlin der Ergebnisworkshop statt, in dem das bislang Erreichte vorgestellt und diskutiert wurde. Auftraggeber des Projekts ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dieses will die demnächst noch endgültig zu findenden Ergebnisse letztendlich als Orientierungshilfe für die künftige Mittelvergabe nutzen. HortInnova ist also ein Projekt, bei dem ganz im Sinne derzeit beliebter Beteiligungskultur die von der künftigen Mittelvergabe Betroffenen, nämlich die Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die nötigen Entscheidungsgrundlagen selbst liefern sollen. Das wirkt auf den ersten Blick sympathisch. Das Beteiligungsverfahren ist allerdings für das behauptete Projektziel nicht sonderlich zielführend, schließlich kann die gartenbauliche Forschungsgemeinschaft kein Interesse daran haben, sich thematisch zu sehr zu fokussieren. Schließlich würde man sich selbst oder geschätzten Kollegen nötigen Spielraum nehmen. So ist es nicht verwunderlich, dass in Berlin fünf Forschungsfelder in sehr großer Breite vorgestellt wurden:
- Gesellschaftliche Anforderungen an den Gartenbau als Grundlage zur Erhöhung der Wertschätzung des Gartenbausektors.
- Innovative Pflanzenschutz- und Züchtungsstrategien für gartenbauliche Produktionssysteme.
- Anpassung gartenbaulicher Produktionssysteme an sich ändernde Herausforderungen.
- Nachhaltigkeit und Unternehmensführung in gartenbaulichen Wertschöpfungsketten.
- Urbaner Gartenbau – Orte der Zukunft für den Gartenbau.
„Das wäre locker ein 100-Millionen-Euro-Programm", kommentierte Dr. Ingo Braune als Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft denn auch die präsentierte Ergebnisbreite. Für ihn ist das Projektziel noch nicht erreicht: „Das Ganze muss noch konkretisiert werden." Aus oben genannten Gründen wird das im Rahmen des Projekts allerdings alles andere als einfach. Auf den bei der Veranstaltung geäußerten dringenden Appell an sein Ministerium, die Gartenbauwissenschaften in ihrer äußerst schwierigen Situation zu unterstützen, damit sie die gefundenen Fragestellungen auch nur ansatzweise behandeln könnten, wollte er nicht näher eingehen. Er meinte jedoch, es sei Aufgabe der gartenbaulichen „Community" selbst, durch glänzende Forschungsleistungen für entsprechende Akzeptanz zu sorgen.
Während die offiziellen HortInnova-Ergebnisse nicht sonderlich überraschten, waren die jeweils vorgetragenen kritischen Anmerkungen, mehrere Podiumsdiskussionen und die Gesprächsbeiträge der Teilnehmer erkenntnisreich und spannend. Mehrfach wurde formuliert, nicht in erster Linie auf vermeintlich hilfreiche Untersuchungen und Analysen zu den Zielgruppen des Gartenbaus zu setzen. Viel wesentlicher für die Zukunft der Branche sei, selbstbewusst, ideenreich und kreativ mit den vielen wunderbaren Möglichkeiten des Gartenbaus neue Wege zu finden und die Menschen und Kunden dafür zu begeistern. „Es geht weniger darum, dass wir versuchen, die Gesellschaft zu verstehen, sondern vielmehr darum, dass wir als Gartenbau fragen, was wir für die Gesellschaft tun können", formulierte Prof. Dr. Ernst Berg, Bonn.
Immer wieder klang an, dass vermeintliche Trends wie Nachhaltigkeit keineswegs so klar und wichtig wie behauptet sind – Verbraucher kümmern sich oft viel weniger darum, als vermutet. Die Entwicklungen im urbanen Gartenbau sind spannend, sollten aber nicht überschätzt werden.
Deutlich wurde, dass die Frage nach der Zukunft der Familienbetriebe eine ganz zentrale, vielleicht sogar die zentrale Frage ist. Die Anforderungen an diese Betriebe werden dramatisch größer und größer, sie sind kaum mehr zu bewältigen. Einzelunternehmer können nicht mehr auf allen nötigen Feldern glänzen. Wie können Betriebe in hilfreiche Netzwerke eingebunden werden? Hier besteht großer Forschungs- und Beratungsbedarf.
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