„Ohne echtes Wollen geht es nicht“
Die gegenwärtigen Zeiten schneller Veränderungen verunsichern und überfordern viele Unternehmer. Eine Hilfe sind für viele Gärtner Kooperationen geworden, in denen sich die Partner gegenseitig unterstützen und ermutigen. Rupert Fey erzählt, welche Erfahrungen er mit Kooperationen macht.
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Rupert Fey
ist Handelsexperte mit Schwerpunkt im Blumen- und Pflanzenhandel. Nach 25 Jahren in Einkaufs- und Vertriebspositionen in ganz verschiedenen Bereichen gründete er 2009 „beyond-flora“ ( http://www.beyond-flora.com ). Er betreut und berät verschiedene Kooperationen in der grünen Branche wie die PlusPlants-Gärtner oder die Nordfreunde im Raum Hamburg. Schwerpunkte sind Strategien, Marken und Verkaufskonzepte für den grünen Markt. Neben der Beratung zählen Vorträge, Workshops sowie Grafik & Webdesign zu den Kernkompetenzen von beyond-flora. Kunden und Projekte kommen aus Gartenbau, Handel und der Zulieferindustrie.
DEGA GARTENBAU: Was fasziniert Sie an Kooperationen ganz besonders?
Rupert Fey: Wenn man merkt, dass die Leute zusammen Dinge schaffen, die sie alleine nicht schaffen würden. Es steht zunächst immer die provozierende Frage im Raum: Kann man eine Sache gemeinsam wirklich besser machen, zum Beispiel einen Messeauftritt oder die Kundenansprache? Oder ist Zusammenarbeit eher etwas, bei dem man zu zweit oder zu mehreren Probleme lösen will, die man allein gar nicht hätte? Wenn die Partner sagen: Es läuft gut, es geht auf ein Ziel zu, es entsteht etwas zusammen, dann ist das klasse. Messebeteiligungen sind ein klassisches Beispiel, wo viele sagen: Allein würde ich das organisatorisch nie auf die Reihe kriegen.
Faszinierend bei Kooperationen ist auch, wenn nicht nur die Chefs an der Spitze der Unternehmen sich kennenlernen und austauschen, sondern auch die Abteilungsleiter als verantwortliche Mitarbeiter. Bei den PlusPlants-Gärtnern treffen sich diese einmal im Jahr zu einem selbstgewählten Thema. Bei einer andersgelagerten Kooperation, die ich mitgebaut habe, den Nordfreunden in Hamburg, werden gemeinsame Themen spartenübergreifend entdeckt. Auf einmal klagen da Gärtner und Floristen nicht mehr übereinander und über das Kaufverhalten der jeweils anderen Gruppe, sondern stellen am runden Tisch überrascht fest: im Grunde wollen wir das Gleiche!
Mit meiner Handelserfahrung kann ich viel Input aus Kundensicht geben, bin also viel mehr als Berater und Coach. So macht mir die Arbeit und die Rolle dann auch Freude. Bei jedem Treffen machen wir eine Abschlussrunde und fragen: Wie war es, was hat mir gefallen? Da kommt viel positive Rückmeldung. Für manchen ist das schon einfach die ermutigende Erkenntnis: Die anderen haben ähnliche Herausforderungen.
Was haben Sie durch die Nordfreunde und die PlusPlants-Gärtner über Kooperationen gelernt?
Das Allerwichtigste ist, dass die Personen miteinander können und miteinander wollen. Es ist völlig sinnfrei, mit Leuten in eine Kooperation zu gehen, die entweder nicht dazu passen oder gar keinen Sinn in einer Zusammenarbeit sehen. Ohne echtes Wollen geht es nicht. Man kann Leute nicht überreden zu einer Kooperation.
Wenn das Menschliche nicht passt, sowohl mit mir als Betreuer wie mit anderen Mitgliedern, hat es keinen Wert, selbst wenn es auf dem Papier so aussieht, als ob das doch passen müsste. Es muss auch die Bereitschaft da sein, selbst etwas einzubringen und nicht nur Nutzen aus der Kooperation ziehen zu wollen. Wenn diese Dinge stimmen, lassen sich alle anderen Fragen lösen und klären.
Wie leicht oder schwer tun sich Unternehmer mit ihren oft ganz eigenen Köpfen in einer Gruppe?
Gute Betriebe sind meist deshalb gut, weil die Unternehmer starke Persönlichkeiten sind. Wenn die nun in einer Gruppe einen gemeinsamen Weg finden sollen, das ist eine enorme Herausforderung, denn das sind ja starke Köpfe, die sich durchgekämpft haben im Leben, am Markt und mit ihrer Meinung. Und der Kompromiss ist eben doch oft in der Mitte. Es macht mir Spaß, wenn das gelingt, aber das ist wirklich viel harte Arbeit. Da ist niemand, der sich einfach überreden lässt. Die Leute wollen alle wirklich überzeugt werden, da sind viele Gespräche nötig. Einfach zu sagen: Bleib mal ruhig und mach mit – das ist zu wenig, das zieht die Leute nicht mit.
Auf der einen Seite an der eigenen Meinung festzuhalten, um als Unternehmer nicht umgeworfen zu werden und auf der anderen Seite in einer Kooperation auch einmal von anderen korrigieren zu lassen, das ist eine echt harte Nuss, die es zu knacken gibt. Übrigens hat da der Gartenbau auch seine ganz speziellen Probleme, weil hier viele eben in ihrer eigenen abgeschotteten Unternehmenswelt groß geworden sind und nicht von Anfang an gelernt haben, mit Korrekturen und Veränderungen umzugehen. Dabei sind die heute nötig, denn die Welt ändert sich massiv, insbesondere was die Vermarktung anbetrifft.
Zu sagen: Ich habe etwas zehn Jahre so gemacht – und jetzt mache ich es anders, das geht für manchen ans Persönliche. Das verbinden doch viele sogar mit Scheitern: wenn ich bisher links herum gegangen bin und jetzt auf einmal rechts herum, dann war das Bisherige doch schlecht. Das ist von außen gesehen zwar Unsinn, denn wenn sich die Zeiten ändern, ist es richtig, wenn ich mich auch ändere und genau dadurch treu bleibe. Aber aus Sicht des Betroffenen ist das eben zuerst einmal gar nicht so einfach.
Wie unterschiedlich dürfen Betriebe sein, damit eine Kooperation noch sinnvoll ist?
Gut ist, wenn die Betriebsgrößen in etwa zusammenpassen, weil dann die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit ähnlich sind, auch die Zeit, die die Leute reinstecken können in die gemeinsame Arbeit. Auch die Probleme sind dann vergleichbarer. Es ist auch nicht gut, wenn ein Überflieger dabei ist, der fünf Mal so groß ist wie der nächste. Der will dann zum Beispiel auf einer Messe viel mehr Ausstellungsfläche belegen als die anderen – und die Frage ist dann: wie findet man da einen Kompromiss? Oder der Große sagt: wir brauchen Fernsehwerbung – und den anderen ist das eigentlich eine Nummer zu groß. In dem Fall sind entweder die kleineren Partner überfordert mit den Wegen, die für den Großen gut sind – oder sie setzen ihre Position durch und schränken damit den ganz Großen ein.
Welche Rolle spielen die Sortimente der Partner?
Bei PlusPlants haben wir gelernt, dass es gut ist, wenn sich die Sortimente so wenig wie möglich überschneiden. Das nimmt einfach viel vom Konkurrenzdenken weg. Dann kann man auch an die gemeinsamen Kunden mehr verkaufen, weil die Sortimentsbasis durch die Kooperation breiter geworden ist. Auch eine gewisse räumliche Nähe ist hilfreich für eine Zusammenarbeit. Bei Nordfreunde ist das gar kein Problem, die Beteiligten kommen alle aus der gleichen Region. Bei PlusPlants haben wir Mitglieder von Köln bis Westerstede – das ist schon eine Ecke. Wenn da jemand noch weiter weg wäre, würde es schwierig. Dann wird der Aufwand für Treffen sehr hoch – und es könnte auch nicht jeder alle Synergien aus der Kooperation optimal mitnehmen. Wenn es um Transport, Weiterbildung, Mitarbeiter, Pflanzenschutz geht, ist das schwierig, wenn einer immer einen Tag vorher anreisen muss.
Gibt es in Deutschland noch viel Potenzial für Kooperationen in der gärtnerischen Welt?
Wir haben im Gartenbau ganz viele Bereiche. Natürlich gibt es dort fast überall schon Angebote, aber auf jeden Fall geht da noch mehr. Für die Gärtner ist dabei hilfreich, wenn es eine vermittelnde Person gibt, die die Gruppe und Kooperation betreut. Zum einen haben die Gärtner selbst kaum oder keine Zeit für Vorbereitungen. Zum anderen ist es gut, wenn eine neutrale Person dabei ist, die keine gartenbaulichen Eigeninteressen durchsetzen muss.
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