„Die Begegnung bleibt besonders wichtig“
Die Bildungsstätte Gartenbau in Grünberg blickt auf eine 50-jährige Geschichte zurück. Anlass für DEGA GARTENBAU, mit dem Direktor der Einrichtung zu sprechen. Was sind die Gründe für den langjährigen Erfolg des Hauses? Und welche Pläne gibt es für die weitere Zukunft?
- Veröffentlicht am
DEGA GARTENBAU: Dass es eine Bildungseinrichtung 50 Jahre lang gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. Was ist das Erfolgsgeheimnis in Grünberg?
Matthias Hub: Der Grund und das Erfolgsgeheimnis ist das Konzept der Gründerväter. Einer von ihnen, Dr. Ernst Schröder, hat schon festgelegt: Die Bildungsstätte soll nicht einfach nur eine Schule sein. Es soll nicht die Wissensvermittlung allein im Vordergrund stehen. Vielmehr war und ist es großes Anliegen, die Begegnung zwischen den Menschen, die nach Grünberg kommen, anzuschieben. Auf dieses Bedürfnis ist man von Anfang an eingegangen in der Gesamtkonzeption. Die Gäste und Referenten können im Haus wohnen und werden verpflegt – eine wichtige Voraussetzung gerade für Begegnungen. Damit können sie Zeit miteinander verbringen auch außerhalb der Lehrgänge selbst.
DEGA GARTENBAU: Also gehören der Austausch und die Begegnung zur Philosophie der Bildungsstätte?
Matthias Hub: Ja, das ist ein Stück weit die Idee, wie sie für viele auch in einem Klosteraufenthalt steckt: Rückzug aus dem Alltag, Besinnung, mit netten Leuten Gespräche führen, neue Ideen entwickeln. Genau das wird nach wie vor sehr geschätzt von den Besuchern, die zu uns kommen. Und viele sagen: In Grünberg habe ich den oder jenen kennengelernt, es sind Freundschaften geknüpft worden, es werden Arbeitsverhältnisse vermittelt bis hin dazu, dass aus Bekanntschaften sogar Partnerschaften und Ehen wurden.
Die Begegnung bleibt besonders wichtig. Sie wird in Grünberg auch dadurch gefördert, dass meist mehrere Veranstaltungen parallel stattfinden, zum Beispiel von den Obstleuten und den Floristen, von den Gemüseleuten und den Friedhofsgärtnern. Dann kommt es zu spartenübergreifenden Kontakten. Es ist für die Teilnehmer oft spannend: Was machen die anderen? Das fördert die Neugier, das gibt auch Impulse für das eigene Unternehmen. Da erzählt dann jemand: Abends bin ich an der Bar gestanden mit dem Teilnehmer eines Parallelkurses, und der hatte eine Idee und die hat mir mein Unternehmen gerettet! Einfach möglich ist bei uns auch der offene und ehrliche Austausch mit Experten. Der Professor verliert seine Unnahbarkeit fürs Publikum, wenn man abends ein Bier oder einen Rotwein zusammen trinkt. Dann traut man sich, Fragen zu stellen und bekommt wertvolle Tipps über die reine Wissensvermittlung hinaus.
DEGA GARTENBAU: Vom Konzept her müsste es also eigentlich heißen: Bildungs- UND Begegnungsstätte?
Matthias Hub: Genau. So formulieren wir das auch in der Philosophie unseres Hauses – mit Bildung und Begegnung. Es ist nun mal ein Urbedürfnis der Menschen, zusammen zu kommen. Wir können noch so viele moderne Medien haben und Kommunikationswege. Diese Informationen aber dann zu beurteilen im direkten und persönlichen Gespräch, das bleibt über die Zeit und allen technischen Wandel hinweg entscheidend. Es ist eine enorme Hilfe, wenn Wissen nicht nur angeboten wird, sondern auch beurteilt wird, in einen Zusammenhang gestellt wird. Und wie gesagt: Der Austausch der Teilnehmer untereinander ist besonders wertvoll. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Teilnehmer miteinander sprechen, dass dafür in den Veranstaltungen genügend Zeit ist. Und wir laden die Referenten ein, so sie die Zeit haben, bei mehrtägigen Veranstaltungen über die ganze Zeit dabei zu sein und nicht nur dann, wenn sie selbst aktiv als Vortragende sind. Auch das wird von vielen sehr geschätzt. Insgesamt versuchen wir außerdem, eine Atmosphäre zu schaffen, welche die Leute freundlich stimmt. Denn nur, wenn man entspannt ist, nimmt man auch neue Ideen und Anregungen auf!
DEGA GARTENBAU: Welche inhaltlichen Angebote nehmen Sie sich für die Zukunft vor?
Matthias Hub: Unser Kernangebot bleibt die Vermittlung von Pflanzenwissen, insbesondere für Freilandpflanzen. Dabei geht es auch um Verwendung der Pflanzen, um Gehölzpflege, um Grünflächenmanagement – all diese Bereiche sind wichtig. Darüber hinaus ist unser Anliegen, mehr für die Unternehmer in der grünen Branche zu tun. Das wird nun möglich dadurch, dass wir Bodo Alberts für Grünberg gewinnen konnten. Wir werden für Unternehmen Coaching anbieten, auch ganze Teams einladen, sodass diese Veränderungsprozesse besprechen und beraten können. Dabei kann es zum Beispiel um Betriebsübergabe oder auch Betriebsabgabe gehen.
Sehr am Herzen liegt uns, Konzepte für die Schulung von Ehrenamtlichen zu entwickeln. Wir sehen da einen riesigen Bedarf. Da können wir uns gut vorstellen, Bausteine und Module aufzubauen.
Im Bereich Beraten und Verkaufen erkennen wir nach wie vor auch ein gewisses Interesse. Dabei haben wir allerdings eine zwiespältige Situation: Auf der einen Seite werden solche Angebote von der Praxis immer wieder gefordert. Auf der anderen Seite werden die bereits vorhandenen Angebote nicht sonderlich stark nachgefragt und genutzt. Das Ganze wollen wir demnächst nochmals mit einem neuen Angebot angehen. Dabei wird die Anwesenheitszeit hier reduziert, manches andere läuft dann berufsbegleitend in den Unternehmen.
DEGA GARTENBAU: Zahlt es sich für Teilnehmer denn aus, Kurse in der Bildungsstätte zu besuchen?
Matthias Hub: Insgesamt stellen wir fest: Die Gäste und Teilnehmer, die nach Grünberg kommen, das sind die Zukunftsgewandten in der Branche, die sind offen, die nehmen Ideen mit, die entwickeln sich! Sie machen neue Betriebszweige auf oder lassen umgekehrt auch überflüssige Dinge weg.
DEGA GARTENBAU: Wenn morgen jemand auf Sie zukommt und Ihnen 100000 Euro für Ihr Haus schenkt, was stellen Sie damit an?
Matthias Hub: Oh, das wäre eine schöne Sache! Das Geld würde ich sehr gern im Garten vergraben. Es ist ein schon lang gehegter Wunsch, der bislang schwierig zu realisieren war, mehr aus unserem Garten zu machen. Wir bekommen für die Bildungsstätte keinerlei staatliche Förderung, das Haus trägt sich im Wesentlichen durch die Einnahmen aus den Lehrgangsgebühren, aus den Beiträgen für Übernachtung und Verpflegung. Seit 2003 sind wir da enorm vorangekommen, indem wir die Seminare, die wir selbst machen, stark ausgebaut haben. Trotz allem, wenn ich auf die Bereiche schaue: In der Hotelbranche ist es insgesamt schwierig, da haben wir einen enormen Preiskampf. Im Bildungsbereich ist es auch nicht einfach, wer macht da schon großen Profit? Und welche Gartenschau operiert richtig profitabel?
Wir haben eine klare Priorisierung für unsere Ausgaben: Das wichtigste ist der Bildungsbetrieb, das zweitwichtigste der Hotelbetrieb – und wenn dann noch Möglichkeiten sind, kommt der Garten. Der steht also leider immer erst an dritter Stelle. Deshalb, um auf Ihre Frage zurückzukommen, wenn uns jemand 100000 Euro spendet, würde ich gern im Garten richtig etwas gestalten. Die Wünsche nach einem Schaugarten, nach Etikettierung, nach besonderen Materialien und so weiter, sie sind da, auch bei unseren Besuchern.
Nach den Erfahrungen des letzten Jahres bin ich optimistisch, dass wir da auch vorwärtskommen werden. Denn durch die neuen Räumlichkeiten ist es uns gelungen, was wir nicht in der Dimension erwartet hatten, in den Sommermonaten Interessenten außerhalb des Gartenbaus zu finden. In dieser Zeit hat unsere Branche selbst wenig Interesse an Veranstaltungen. Da helfen uns Gäste aus anderen Bereichen, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Es gibt eben auch Bildungsbedarf anderer Gruppen, beispielsweise aus der Kirche. Insgesamt also sind wir recht optimistisch, was unsere Situation und unsere Zukunft hier in Grünberg anbetrifft.
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.