Die Zukunft im Blick
Die Fachgruppen Blumen und Zierpflanzen mehrerer Landesverbände veranstalteten Anfang Dezember ihre Wintertagungen, so auch die Fachgruppe des Nordwestdeutschen Gartenbauverbands (NVG) in Bad Zwischenahn.
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Fachgruppenvorsitzender Friedhelm Leuchtenberger, Lingen, berichtete, das Frühjahrsgeschäft sei gut bis sehr gut gewesen. Der April 2007 war der wärmste und trockenste seit 1901. Mitte April setzte der Sommer ein und hielt bis zum Wetterumschwung Mitte Mai an. Für zeitige Ware erzielte man gute Preise. Die Nachfrage überstieg zeitweise das Angebot. Bereits zu Muttertag war der Topfpflanzenverkauf rückläufig. In der zweiten Maihälfte kam es zu Umsatzeinbrüchen. Überproduktion drückte auf die Preise. Durch das unstete Wetter „kleckerte“ der Absatz weiter vor sich hin. Insbesondere Pflanzware für den Friedhof war wenig gefragt. Ab Mitte Mai machten zudem Großstauden dem herkömmlichen Sortiment Konkurrenz.
Sommer und Herbst 2007 zeigten sich durchwachsen. Dem Zeitgeist am ehesten entsprachen alle „Outdoor“ geeigneten Pflanzen und Edles wie Orchideen. „Der Kunde ist und bleibt unberechenbar“, so Leuchtenberger. Aber qualitativ gute und späte Sätze werden mehr als noch vor Jahren honoriert. Fachbetriebe haben Chancen dort, wo sich Baumärkte aus großen Pflanzensortimenten zurückziehen und sich auf Aktionsware beschränken.
Eriken und die ersten Callunen liefen gut. Chrysanthemen und Herbstzauber dagegen litten an der Unlust der Kunden, nach draußen zu gehen. Bei Poinsettien erschwerte das dunkle Wetter anfänglich die Ausfärbung der Brakteen.
Kostendruck weitergeben und Neues wagen
Leuchtenberger ermunterte dazu, die gestiegenen Betriebskosten am Markt weiterzugeben. Viele andere Branchen schafften dies auch. „Die Kunden sagen, alles wird teurer, also sollten wir sie nicht enttäuschen“, so Leuchtenbergers Aufruf. Mit Blick auf das Nachbarland Niederlande berichtete er von 12%igem Umsatzzuwachs bei der Veiling Holland im dritten Quartal 2007. Das Blumenbüro Holland gar errechnete für die nächsten zehn Jahre für die Niederlande ein starkes Wachstum der internationalen Nachfrage nach Blumen und Pflanzen, für Topfpflanzen um 46%. Der Verbraucher geje weg von sorgenvoller Vorsicht hin zu stärkerer Individualisierung und zum Luxus.
Die Entscheidungen fallen in Brüssel
Jens Schachtschneider, Präsident des NGV, berichtete über die Aktivitäten des Zentralverbands Gartenbau (ZVG), eine Vertretung in Brüssel einzurichten. „Heute lässt sich vieles auf Landes- und Bundesebene durchsetzen, aber scheitert dann in Brüssel“, so das Argument.
Seit einem Jahr gibt es nur noch eine Landwirtschaftskammer in Niedersachsen. Diese Fusion der zwei ehemaligen Kammergebiete Hannover und Weser-Ems wird auch im Berufsstand diskutiert, sagte Schachtschneider, „so wie es einen Kammerpräsidenten gibt, brauchen wir auch einen Gärtner-Präsidenten“. Schachtschneider hofft auf eine derartige Veränderung innerhalb der nächsten zwei Jahre. Allerdings würden die Strukturen auf Kreis- und Fachgruppenebene erhalten bleiben, solange es entsprechende Resonanz gibt.
Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes in Sicht
Auf die aktuelle und zukünftige Situation beim Pflanzenschutz im Zierpflanzenbau ging Dr. Thomas Brand, Pflanzenschutzamt Oldenburg, ein. Derzeit stehen 212 Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. „Es lässt sich vieles zusätzlich über §18b (einzelbetriebliche Genehmigung) erlauben“, ermunterte er die Produzenten.
Die Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes steht bevor, denn der EU-Umweltausschuss will die Ausbringung deutlich reduzieren. Kernthemen sind eine neue Befugnis der Biologischen Bundesanstalt (BBA), um bei überregionalen Problemen den Pflanzenschutzämtern Anordnungen zu geben, der Schutz besonderer Tier- und Pflanzenarten sowie die ausführlichere Dokumentationspflicht. „Dieser Punkt trifft Sie direkt“, so Brand. In der Diskussion ist eine fünfjährige Aufbewahrungspflicht des Spritztagebuchs.
Die Aufbrauchfristen sollen im neuen Pflanzenschutzgesetz neu festgelegt werden. So soll bei Widerruf durch den Zulassungsinhaber die Frist ad hoc beendet sein. Parallelimporte sollen die gleiche Frist wie ein für Deutschland hergestelltes Mittel haben. Pflanzenschutzmittel mit Anwendungsverbot müssen sachgerecht mit Nachweis entsorgt werden.
Langfristig werden die Zulassungskriterien verschärft und die Zulassungsverfahren langsamer werden, so die Prognose. Möglicherweise wird es weniger Wirkstoffe geben. „Erst mal ruhig Blut bewahren, es kommt wohl nicht ganz so schlimm, aber rosig wird es nicht werden“, so das Resümee von Brand zur Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes. Er erinnerte an die vielen Möglichkeiten, Pflanzenschutzproblemen mit anderen Mitteln wie Hygiene oder Klimastrategien auf den Leib zu rücken.
Es geht auf Wanderschaft zur Energie
Produktionsbetriebe müssen zukünftig zur Energie wandern, „denn wenn Sie nicht gehen, sind andere vor Ihnen dort“, sagte Dr. Karl Schockert, Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, der eine Prognose zum Zierpflanzenbau im Jahre 2020 aus der Sicht eines Technikers wagte. Sinnvoll ist die Abwärmenutzung. Eine Wärmespeicherung im Untergrund wird möglich und Mehrlagensysteme könnten Standard werden.
Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover
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