Japan hat die meisten Indoor-Pflanzenfabriken
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Viele denken bei „Urbaner Gartenbau“ an bunte Mischkultur in Hinterhöfen und an gartenbaulich genutzte Dachflächen. Urbaner Gartenbau kann aber auch effizienter und teils industrieller Anbau auf Indoor-Flächen sein: Auf langen Regalen mit Kulturflächen in engstmöglichem Abstand übereinander, bei künstlichem Licht, kontrollierter Luftzusammensetzung und Kultur in Nährstofflösung.
Japan hat mehr solcher Pflanzenfabriken als jedes andere Land, schreibt David Kuack in „Japan‘s Plant Factories Are Providing A Safe, Reliable Food Source“ im Urban Ag Products eMagazin, Ausgabe 6/Juli 2014. Beflügelt wurde die Entwicklung durch die 2010 begonnene Förderung der Forschung und Entwicklung durch den japanischen Staat. Bisher dahin hatte Japan große Mengen an frischen, geschnittenen Salatbestandteilen aus China importiert, aber die Japaner machten sich Sorgen wegen des Pestizideinsatzes in China und suchten nach Alternativen.
Stand März 2014 gibt es in Japan ungefähr 170 Pflanzenfabriken (PF), wird Dr. Toyoki Kozai, emeritierter Professor der Universität Chiba und Leiter der Japan Plant Factory Association, zitiert. Etwa zehn davon ernten mehr als 10000 und 70 mehr als 1000 Salatköpfe (50 bis 100 g/Kopf) oder anderes frisches Blattgemüse pro Tag.
Die zehn Pflanzenfabriken mit einer Ernte von 10000 oder mehr Salatköpfen pro Tag haben durchschnittlich eine Grundfläche von nur 1500 m². Die Pflanzenfabriken sind fensterlos, thermisch und hinsichtlich Luftaustausch gut isoliert. Die Regale sind mit Lichtquellen und Anbauflächen ausgestattet. Kohlendioxid und Nährstoffe werden zugeführt, eine Klimaanlage und Luftumwälzer sorgen für die richtige Temperatur-verteilung. Für die Nährstofflösung wird zusätzlich ein Sterilisierungssystem benötigt, gesät wird automatisch und kontrolliert und geregelt wird alles über Kontroll- und Regelsysteme.
40 % der japanischen Pflanzenfabriken befinden sich in renovierten Lagerhäusern, Fabriken und ähnlichen alten Gebäuden, 60 % in neuen, so Kozai. 10 % der Pflanzenfabriken werden von landwirtschaftlichen Zusammenschlüssen, 30 % von Familien und der Rest von Privatunternehmen betrieben. Die Pflanzen im Produktionssystem Pflanzenfabrik müssen kleiner als 30 bis 40 cm sein, hohe Pflanzdichte und künstliche Belichtung (Photosynthetic Photon Flux, PPF, von 150 bis 250 Mikromol/m²/s) vertragen.
Zum Konsumenten kommen die Produkte vor allem über mittlere und große Supermärkte (40 %), Kettenrestaurants (30 %) und Lieferdienste (20 %), wobei das Marketing meist über die Webseiten der Pflanzenfabriken, wo man die Ware auch bestellen kann, erfolgt. Aber es werden auch Vertriebler in die Supermärkte, Restaurants und andere Läden geschickt.
Marktgerechte Produktion
Die Vorteile der Pflanzenfabriken gegenüber Gewächshaus- und Freilandanbau sieht Kozai in der höheren Flächenproduktivität, der Wetterunabhängigkeit und der geernteten Qualität. Auch passten die kleineren Erntegutgrößen der Gemüse besser für alleinlebende Konsumenten. Kozai sieht die Produkte der Pflanzenfabriken nicht als Ersatz für Erzeugnisse des Gewächshaus- oder Freilandanbaus, sondern als neue Produkte für einen neuen Markt. In Japan werden hauptsächlich Blattgemüse, Gewürz- und Arzneikräuter sowie Mini-Wurzelgemüse mit essbaren Blättern (Karotten und Rüben) in Pflanzenfabriken angebaut.
Nach Meinung Kozais kann das Produktionssystem Pflanzenfabrik aber durch eine stärkere Automatisierung von Pflanzung, Ernte und Verpacken sowie durch die Optimierung von Kosten- und Produktionsmanagementsystemen noch verbessert und preisgünstiger werden.
Die Basistechnologien, die für Pflanzenfabriken notwendig sind, sind auch bei uns in Deutschland und Europa längst vorhanden oder befinden sich in Entwicklung oder Erprobung. Noch fehlen überzeugende End-to-End-Wirtschaftlichkeits- und Umweltverträglichkeitsberechnungen sowie Untersuchungen zur Akzeptanz der Verbraucher.
Informationen
Quelle und weiterführende Informationen: David Kuack: Japan‘s Plant Factories Are Providing A Safe, Reliable Food Source, Urban Ag Products eMagazine, Ausgabe 6/Juli 2014 (urbanagproducts.com/Issue6/#/6/).
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