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Interview mit Hans Müller, Helix Pflanzen

„Ich laufe Entwicklungen nicht gern hinterher“

Die Leipziger Gärtnerei von Helix Pflanzen erhielt vor Kurzem als erster Moorbeetpflanzenbetrieb in Deutschland das FLPregional-Zertifikat des Flower Label Program (FLP). Wir sprachen mit Helix-Geschäftsführer Hans Müller über seine Gründe für diesen Schritt.

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DEGA: Herr Müller, wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich als FLP-Betrieb zertifizieren zu lassen?

Hans Müller: Ich verfolge schon eine Weile, dass bei den Verbrauchern das „Geiz ist geil“ gar nicht mehr so sehr zählt. Die Leute sind zum Teil sehr verunsichert durch mangelnde Glaubwürdigkeit beispielsweise bei den Banken und sagen: „Nur billig, das ist es auch nicht.“ Sie schauen wieder mehr auf Werte. Ich kann jetzt nicht wirklich beurteilen, ob das in der ganzen Gesellschaft so ist. Ich denke aber, gerade Menschen, die einen Garten haben, die sich für Blumen und Pflanzen begeistern, machen sich viele Gedanken darüber, was sie kaufen. Sie wollen schon wissen, wo diese herkommen, ob sie ökologisch sauber sind. Mit Pflanzen haben wir Gärtner ein tolles Produkt, daraus können wir viel machen. Außerdem haben wir als Familienbetrieb, als Mittelständler zu unseren Mitarbeitern ein gutes Verhältnis, die liegen uns am Herzen. Wenn wir durch eine FLP-Zertifizierung in Form eines neutralen Siegels zeigen können, dass unsere Produktionsabläufe in Ordnung sind, dann ist das eine prima Sache.

Ist nachhaltiges Produzieren eine Nischengeschichte – oder wird das bald schlicht und ergreifend zu einem Muss?

Wir haben im Gartenbau tolle Produkte, Pflanzen und der Garten sind beim Verbraucher positiv belegt. Dem Gärtner, dem es auf Dauer nicht gelingt, immer besser zu werden, was ökologisch saubere Produktion betrifft – der wird vom Markt verschwinden, das ist meine feste Überzeugung. Unser Bemühen muss eindeutig in Richtung Nachhaltigkeit gehen. Schon immer bin ich gern auf einem Weg unterwegs, von dem ich meine, er ist der richtige. Ich laufe Entwicklungen nicht gern hinterher.

Es gibt verschiedene Zertifizierungsmöglichkeiten – wie sind Sie gerade auf FLP gekommen?

Eigentlich haben wir schon einige Zeit Kontakt zu einer anderen Zertifizierungsorganisation. Wir haben einen Betrieb in Rain/Lech und unsere Hauptabnehmer dort verkauft Ware, die durch FFP (Faire Blumen und Pflanzen) zertifiziert ist. Wir haben wie die anderen Kollegen in der Gärtnersiedlung die Zertifizierung im Auge. Dass wir uns jetzt auf die Schnelle auch von FLP zertifizieren ließen, hat einen pragmatischen Grund: Wir sind mit allen Betrieben bereits seit einigen Jahren Global-GAP-zertifziert. FLP bot uns die Möglichkeit, dass wir uns sehr kurzfristig an ein Forschungsprojekt anhängen konnten, das gegenwärtig läuft. Von der Entscheidung bis zur Prüfung waren es nicht einmal vier Wochen. Durch Global-GAP erfüllten wir schon sehr viele Voraussetzungen für FLP, ein paar Dinge konnten wir schnell nachholen.

Was sehen Sie als Stärke von FLP?

Der Charme an FLP ist, dass dahinter vom Gartenbau unabhängige Organisationen stehen, Kirchen, Gewerkschaften und andere. Dadurch ist die Glaubwürdigkeit beim Verbraucher hoch. Es ist keine Zertifizierung, die aus der Branche selbst kommt und deshalb von kritischen Verbrauchern leicht infrage gestellt werden könnte.

Dann sammeln sich die Zertifizierungen jetzt bei Ihnen?

Ich wünsche mir, dass sich die verschiedenen Systeme irgendwan einmal einigen und nicht parallel arbeiten. Für uns ist wichtig, dass wir nachhaltig handeln in der Produktion und im Umgang mit unseren Mitarbeitern – und dass wir das dann auch nach außen dokumentieren können. Darin sehen wir langfristig für den Absatz unserer Pflanzen eine zusätzliche Chance.

Im Augenblick ist nun erst einmal einer Ihrer Betriebe FLP-zertifiziert.

Jetzt sind wir der Moorbeetpflanzengärtnerei in Leipzig zertifiziert. Der Betrieb repräsentiert knapp 20 % der Ware, die Helix liefert. Für uns ist das jetzt auch einfach einmal ein Versuchsballon, um zu sehen: Welchen Mehrwert bringt uns das auch ökonomisch? Wir haben da nicht riesige Erwartungen. Aber in Leipzig stehen immerhin über 1 Mio. Moorbeetpflanzen. Wir sind der erste Betrieb, der das Siegel hat und mit diesem Pfund wollen wir ein wenig wuchern und prüfen: Ist der Markt bereit für so eine Geschichte? Bringt uns das als Betrieb wirklich zusätzliche Vorteile? Bei Global-GAP war es so, dass es uns extern nichts gebracht hat, intern aber, indem Abläufe besser geworden sind.

In der FLP-Prüfung wird auch nach sozialen Standards geschaut, nach dem Umgang mit Mitarbeitern. Wie haben Sie das erlebt?

Bei den Sozialstandards von FLP wird das Recht auf Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft in den Mittelpunkt gestellt. Damit habe ich keine Berührungsängste, grundsätzlich ist eine Arbeitnehmervertretung nichts Schlechtes. Ich kann wenig damit anfangen, wenn das Ganze klassenkämpferisch wird, was in die Vergangenheit gehört. Wenn man zu seinen Mitarbeitern ein gutes und offenes Verhältnis pflegt, dann ergibt sich auch ein gutes Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Wir haben keinen Betriebsrat und keine Gewerkschaftsmitglieder. Aber schon allein durch die Tatsache, dass ich drei Betriebe an doch weit auseinander liegenden Standorten verwalten muss, bin ich an einem aktiven Mitverantworten durch die Mitarbeiter interessiert. Im Rahmen der FLP-Zertifizierung wurde ich auch einmal nach draußen gebeten und der Prüfer sprach nur mit den Mitarbeitern. Das war für mich schon etwas komisch, weil ich in dem Moment nicht wusste, was hinter meinem Rücken gesprochen wurde. In Sachsen ist der Tariflohn sehr niedrig, da müsste man sich als Unternehmer schämen, würde man nur den bezahlen – wir bezahlen deutlich mehr, aber auch das ist eigentlich immer noch nicht genug. Es ist mein Bemühen, die Leute ordentlich zu bezahlen. Das ist aber nicht einfach, wenn man Produkte macht, die preislich stark unter Druck sind. Hier könnten uns bessere Preise durch die FLP-Zertifizierung ein bisschen helfen.

Gab es sonst noch etwas, was sich durch die Zertifizierung geändert hat?

Wir überarbeiten im Moment unsere Arbeitsverträge und stellen sie auf eine ganz solide Grundlage. Die Mehrzahl unserer Mitarbeiter in Leipzig, das ist auch positiv vermerkt worden, ist teils zehn Jahre und länger beschäftigt. Ansonsten geht es um Formalia: dass, wenn im Gewächshaus gespritzt wurde, vorne ein Schild hängt. Solche Anregungen von außen sind positiv: Teils wird man auf Dinge aufmerksam gemacht, die sich gesetzlich geändert haben, und die man selbst noch nicht mitbekommen hat.

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