Megatrend Landliebe
Weit gefehlt, wer annimmt, die Verbraucherliebe zum Landleben und zur Natur müsse doch so langsam wieder abebben. „Wir befinden uns mitten in diesem Trend. Er bietet noch viel Marktpotenzial“, ist Klaus Wagener, Florist und einer der Geschäftsführer von Blooms (Minden), überzeugt. „Die Landliebe ist ein Megatrend, langlebig angelegt und findet nach wie vor breiten Niederschlag“, machte er den Teilnehmern des Ahlemer Betriebsleitertags für Floristen und Einzelhandelsgärtner in Hannover-Ahlem deutlich.
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Derzeit ist er allgegenwärtig, begegnet uns in den Medien („Landlust“), in Katalogen für In- und Outdoorbekleidung (Holzfällerhemden, rustikale Trenchcoats, derbe Röcke), in der Frisurenmode („junge Menschen tragen wieder Zöpfe“) und sehr deutlich auch bei den Urlaubsangeboten (Fernreisen sind bei vielen Menschen out, der Urlaub im eigenen Land in). „Wir erleben eine Renaissance zum Landleben, auch junge Leute nehmen heute wieder zunehmend an Trachtengruppen teil, sind in der Dorfjugend aktiv, organisieren Erntefeste“, machte Wagener anhand von Beispielen aus seinem eigenen Umfeld deutlich. „Auch junge Menschen können verdammt traditionell orientiert sein“, zog er lächelnd ein Fazit.
Zugute kommen dieser Trend-entwicklung Faktoren wie eine unsichere Wirtschaftslage, notwendige finanzielle Einschnitte, Zukunftsangst oder die Endlichkeit energetischer Ressourcen. „Die Menschen suchen verstärkt nach Ausgleich und dem tieferen Sinne des Lebens“, so Wagner. Sie suchen nach Ruhe und Entspannung, nach den eigenen Wurzeln, nehmen sich Zeit für sich, Familie, Freunde, schaffen sich ein harmonisches Umfeld, wollen gesund und nachhaltig leben, sich auch die gute alte Zeit ein Stück weit näher holen.
„Die Kernbotschaften dieses Trends sind Heimatgefühle, Natürlichkeit und ganz viel Landliebe“, so Wagener – Verbraucherpräferenzen, auf die auch die grüne Branche genauer schauen solle. Denn der Trend ist längst auch bei uns angekommen.
Mit welchen Angeboten auf den Trend aufsatteln?
Der Landliebetrend biete einige Vorzüge, so Wagner. So passe er zu allen Stilen: „Mein Landhaus daheim kann rustikal, aber auch licht, hell und modern, auch auf Kinder ausgerichtet oder eher prestige-orientiert sein“, machte der Top-Florist anhand von Fotos aus verschiedenen Lebenswelten deutlich. „Jeder findet sein eigenes Landhaus.“ In der Inneneinrichtung wird das Ländlich-Rustikale gerne mit kräftigem Rot kombiniert, „hier findet man durchaus auch folkloristische Züge“, weiß Wagener. Aber auch mit reichlich Blau-tönen, entweder in Richtung Küste oder in Richtung Bayern ausgerichtet, beides mit viel blau-weißen Karos kombiniert. „Aber“, blickt er in die Zukunft, „im Frühjahr 2011 werden die klassischen Motive der Landliebe verhaltener werden, Rot wird verhaltener, andere, zurückhaltendere Karo-Motive kommen“, ist er sich sicher. Oft und zunehmend wird der rustikale Einrichtungsstil aber auch mit schlichten Weiß- und Naturtönen kombiniert – reduziert, klar. „Weiß ist einer der nächsten Farbtrends“, so Wagener. Zum vielversprechenden Angebot für Landliebeanhänger gehören beispielsweise derbe Möbel, denen man Natur und Ursprünglichkeit ansieht. Die Frankfurter Möbelmesse hatte eine ganze Menge dazu zu bieten: Holzraumobjekte, Hocker mit nackten Holzstämmen, Gaderoben- oder Lampenständer aus naturbelassenen, knorrigen Ästen, Tischbeine mit gestrickten Überziehern. Oftmals ist Grau die Basis des Naturtrends, ganz im „holländischen Stil“. Dazu wird Grobes, Geflochtenes, Getischlertes kombiniert, nahezu alle Farben passen als Kombination dazu. „Wichtig: Sie sollten immer den Grundblick auf Ihre eigenen Kunden richten – mögen die es eher verspielt oder eher reduziert?“, empfiehlt der Florist.
Die Renaissance der Kuckucksuhr
Welche Blüten der Landliebetrend treiben kann, machte Wagener an einer eindrucksvollen Fotoauswahl deutlich: Kuckucksuhren in den verschiedendsten Stilrichtungen werden wieder angeboten, alte Kuckucksuhren wieder auf dem Dachboden ausgegraben.
Zum Landliebetrend gehört auf jeden Fall der Küchenkult („die Nation kocht und kocht, nie gab es so viele Kochsendungen wie heute“). Floristik, die mit Küchenutensilien spielt, sei deshalb ebenso ein passendes Verbraucherangebot wie das Thema Outdoor-Living. „Hier wittere ich sehr viele Chancen für Sie“, machte Wagener deutlich: Die Terrasse als verlängertes Wohnzimmer und als zeitgemäße Möglichkeit der Selbstdarstellung sei für den Verbraucher immer wichtiger. Er suche nach kleinen Prestigeobjekten, durchaus auch für die kältere Jahreszeit: „Der Feuerkorb, ein grob gestickter Pullover – es gibt sehr viele schöne Produkte, die hier passen“, ist Wagener überzeugt. Der Verbraucher sei bereit, sehr viel in sein Heim zu investieren. „Da muss es für ihn stimmen, im Kleinen wie im Großen.“ Auch die Wiederentdeckung von Hüttentouren und Bergromatik biete Potenziale. Mittlerweile habe die Hüttenromantik auch schon in der Stadt Einzug erhalten, die neue Erlebnisgastronomie vermittele ein kleines Stück Kurzurlaub. „Eine ideale Themen- und Dekorationsidee für Floristen im Herbst“, so Wagener.
Großes Potenzial biete das steigende Verbraucherinteresse für Ökologie, das Biobewusstsein und der Trend zu Ackerbau und Viehzucht im kleinen Stil. „Nicht nur Bücher zu Themen wie Hühner- oder Edelzucht boomen. Auf Messen wie in Frankfurt sind auch zunehmend Materialien zu finden, die zu diesem Trend passen: dicke Dochtwollen, Loden, Walk, alles, was das Schaf bietet“ – und sich durchaus floristisch nutzen lässt.
Warum und wie den Trend nutzen?
Der Landliebetrend bietet laut Wagener derzeit ideale Voraussetzungen: Der Verbraucher ist für dieses Lebensgefühl bereits sensibilisiert. Zudem „werden wir alle älter und haben mehr Freizeit und Geld für die schönen Dinge des Lebens“. Die Zukunftsperspektiven blieben vorerst die gleichen, die Globalisierung gehe weiter – infolgedessen werde sich auch der Trend halten. „Hier ist vorerst kein gigantischer Wandel zu erwarten, der Landtrend wird weitergehen“, ist Wagener überzeugt.
Die grüne Branche könne eine Menge tun, um diesen Trend zu nutzen: Sie kann die passenden Produkte – Floristik genauso wie Zubehör für den In- und Outdoorbereich – anbieten. Sie kann sich durch eine schlüssige, stimmige Warenpräsentation profilieren, die das entsprechende Lebensgefühl vermittelt. Sie kann ergänzende Aktionen fahren, beispielsweise durch Wochenendevents. Und sie kann die Kraft der allgegenwärtigen, oft regionalen Werbung für sich nutzen. Hier sei es klar von Vorteil, so Wagener, dass die Trends in der Floristik etwas später griffen als beispielsweise im Wohnaccessoire-Bereich. „Erst kaufen die Verbraucher die Accessoires, dann erst die passenden Blumen – für uns ist der Trend deshalb sicherer.“ Landliebe sei ein fest verankerter Trend mit verschiedendsten Gesichtern, der sich stets neu erfinde, fasste Wagener die großen Chancen für die grüne Branche zusammen.
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