• Geben Sie einen Suchbegriff ein
    oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

    Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

    „Die Gärtnersiedlung ist heute noch wichtiger“

    Die Gärtnersiedlung in Rain/Lech entstand vor zehn Jahren in Zusammenarbeit mit der Firma Dehner. Das Projekt hat sich erfolgreich entwickelt (siehe Beitrag ab Seite 20). Wir sprachen mit Wolfgang Graeser, Prokurist bei Dehner, über die Gründe dafür und über weitere Perspektiven.

    Veröffentlicht am
    Dieser Artikel ist in der erschienen.
    PDF herunterladen
    Wolfgang Graeser
    Artikel teilen:

    DEGA: Vor zehn Jahren ging die Gärtnersiedlung in Rain/Lech an den Start und sie geht wesentlich auf Ihre Initiative zurück. Sind Sie zufrieden damit, wie sich das Projekt entwickelt hat?

    Ich bin mit dem jetzigen Stand nicht zufrieden, nein: ich bin von der ganzen Geschichte vollauf begeistert! Das war ich von Anfang an, sonst hätte ich das sicher auch nicht gemacht. Natürlich gab es damals manchen, der sehr kritisch war und dachte: Das ganze Ding fährt bestimmt an die Wand. Aber die Sache hat sich hervorragend entwickelt. Der Erfolg, den wir bei Dehner mit Grün haben, hängt maßgeblich damit zusammen, dass wir vor Ort Produktion haben, die sich innerhalb der letzten zehn Jahre zur Spitzenproduktion gemausert hat.

    Gibt es Dinge, die anders gelaufen sind oder sich anders entwickelt haben, als Sie es erwartet haben?

    Es ist im Wesentlichen gekommen, wie wir es uns vorgestellt haben. Sicherlich hat es zwischendrin auch einmal in den Zahnrädern geknirscht. Zum Teil hat man mal auf falsche Kulturen gesetzt und Fehler hat jeder mal gemacht, mal wir, mal die Gärtner – aber aus Fehlern lernt man. Es gab nie Schwierigkeiten in der Art, dass das gefährlich für die Gärtner oder für Dehner gewesen wäre. Wir konnten viele Dinge schnell korrigieren. Vielleicht hätte der eine oder andere Betrieb aus heutiger Sicht etwas anders gebaut im Hinblick auf die Kulturen, die er heute macht. Aber manche Dinge haben sich eben erst im Lauf der Jahre gezeigt. Und das Lernen in den Betrieben ging ziemlich schnell.

    Wie wichtig ist die Gärtnersiedlung für Dehner heute?

    Die Gärtnersiedlung ist heute definitiv noch wichtiger für uns, als sie es damals war. Neben Holland ist sie der stärkste Partner für uns im Pflanzenbereich. In Zukunft wird die Gärtnersiedlung eher noch wichtiger werden, denn ihre Vorteile werden größer, was Transport betrifft, was Geschwindigkeit betrifft. Ware leidet, wenn sie länger auf dem Lkw steht. Mit der Siedlung können wir sehr schnell auf aktuelle Nachfrage reagieren. Wenn ein richtiger Hammertag ist in der Saison, schlagen wir alleine bis zu 1500 Container am Tag mit der Gärtnersiedlung um. Wenn wir wegen Nachbestellungen morgens anrufen, steht die Ware nachmittags in der Halle bei Dehner und ich kann noch am gleichen Tag zumindest die Gartencenter der Region versorgen. Wir sparen uns so viel Zeit. Die Gärtner arbeiten Samstag/Sonntag in der Siedlung, wenn es nötig ist. Dann steht die Ware am Montag früh im Gartencenter – da fangen andere erst an zu bestellen und haben die Ware dann erst mittwochs. Hier haben wir einen gigantischen Vorteil.

    Dieser Vorteil ist in der Saison sicher besonders groß.

    Die Saisonspitzen werden immer kürzer und immer intensiver. Die Kunden wollen nicht mehr warten. Wenn das Wetter passt, wollen sie die Ware sofort. In ganz kurzer Zeit muss man dann lieferfähig sein. Wer diese kurzen Saisonspitzen beherrscht, wird künftig Herr im Ring sein. Wir können durch die Gärtnersiedlung auch auf Nachbestellungen schnell reagieren.

    Wenn sich die Siedlung derart positiv entwickelt hat, bedeutet dies, dass sich dort noch weitere Betriebe anschließen können? Fehlen Produkte, bei denen neue Partner eine Chance hätten?

    Von der Philosophie her sprechen wir grundsätzlich zunächst die vorhandenen Gärtner an, wenn wir eine neue Kultur ins Programm nehmen wollen. Dann hat jeder Gärtner die Möglichkeit zu sagen: ich erweitere oder mache einen zweiten Betriebsteil und produziere diese Kultur. Seit dem Start der Gärtnersiedlung haben fast alle Betriebe ihre Flächen fast verdoppelt. Wir haben in der Zwischenzeit eine tolle Fläche und auch keine Probleme, diese auszufüllen. In der Saison könnten wir natürlich wesentlich mehr brauchen. In der Nebensaison ist es wie bei vielen anderen Betrieben – aber da versuchen wir sehr viel Nachfrage zu konzentrieren, unsere Betriebe sind über den ganzen Sommer voll. Eventuell könnten wir noch einen Orchideenbetrieb brauchen, da wir viele Orchideen bei Dehner verkaufen. Ansonsten ist es so: Unsere Gärtner bekommen keine Konkurrenz bei Produkten, die sowieso schon angebaut werden.

    Ein kurzfristig denkender Betriebswirtschaftler könnte die Bindung an eine Gärtnersiedlung als Nachteil sehen und Ware lieber spontan immer da einkaufen, wo sie eben am billigsten ist. Gibt es dazu Diskussionen bei Ihnen im Haus?

    Diese Diskussionen gab es in früheren Jahren, jetzt schon lange nicht mehr. Unsere Lieferanten und die Gärtnersiedlung können sich auf uns verlassen und wir uns auf sie. Abhängig sind Sie so oder so, gleich, wo und wie Sie die Ware beziehen. Generell hat Dehner über die letzten 20 Jahre eine Politik betrieben, nach der Lieferanten nicht wie Unterhemden gewechselt werden. Wir versuchen nicht, mit Pokerface immer den letzten Cent aus unseren Partnern herauszuholen. Natürlich ist es wichtig, marktübliche Preise zu bezahlen. Aber wichtig ist uns auch, dass die Gärtner so viel bekommen, dass sie investieren können, weil nur in modernen Produktionseinheiten gute Qualitäten möglich sind. Für uns ist ein gutes Produkt entscheidend. Deshalb beschäftigen wir uns auch intensiv mit der Sortenwahl und der Kultur der Pflanzen, gemeinsam mit den Gärtnern. Wir gehen zusammen auf Sortensichtungen, wir arbeiten intensiv mit der Fachhochschule Weihenstephan zusammen. Dort machen wir Sichtungen gemeinsam mit den Gärtnern und suchen dann die besten Produkte aus. Für uns ist eine Geranie nicht gleich eine Geranie, wie das für den LEH oder manchen Baumarkt der Fall ist. Für uns kommt‘s drauf an: Wie bewährt sich die Sorte beim Kunden zu Hause?

    Uns ist wichtig, dass die Pflanzen in der Kultur möglichst wenig mit Hemmstoffen behandelt werden, auch wenn die Ware dann nicht ganz eng stehen kann. Wir wollen, dass die Pflanzen beim Kunden sozusagen im Wachstum explodieren, damit der Kunde seinen Spaß am Produkt hat. Dann sagt er nämlich: Es ist mir egal, ob die Pflanze ein bisschen mehr kostet, ich will diese Pflanze haben. Wenn der Gärtner auf dem Quadratmeter ein paar Pflanzen weniger hat, braucht er natürlich auch einen besseren Preis, aber das ist der Schlüssel zum Erfolg für alle Beteiligten.

    Nochmals zurück zur Gärtnersiedlung: Solche Gemeinschaftsprojekte waren längst nicht überall erfolgreich. Hier in Rain/Lech sind Leute an den Start gegangen, die sich schon vorher als Unternehmer bewährt hatten. Ist das der Grund für den Erfolg?

    Am Anfang haben wir uns viele Gedanken gemacht, wer in die Riege passen könnte, um hier mitzumachen. Das waren alles langjährige gute Lieferanten für das Unternehmen Dehner. Bei diesen wussten wir von vornherein: Da kann nicht viel passieren. Anfangs war es für die Gärtner eine Herausforderung, in der Produktionstechnik umzudenken. Zu Hause waren gewachsene ältere Betriebe, wo man immer mal wieder ein paar Quadratmeter dazugebaut hat. Hier in Rain entstanden dagegen auf einen Schlag große und modernste Betriebe. Dann arbeiten in der Siedlung an die 150 Menschen, auch die mussten alle erst eingearbeitet werden und zusammenfinden. Mittlerweile kommen die Junioren als Betriebsnachfolger, die ihren Weg finden mussten. Es ist toll, dass in vielen Betrieben mittlerweile die nächste Generation schon aktiv ist. Der Grund insgesamt für den großen Erfolg mit der Gärtnersiedlung ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Gärtnern und Dehner. Am Anfang war es schwierig, Finanzierungen für die Siedlungsprojekte zu bekommen, weil Gewächshäuser bei den Bankern nichts wert waren. Hier haben wir durch langfristige Verträge Sicherungen gegeben und die Gärtner damit unterstützt.

    Sie begleiten den Gartenbau in Deutschland seit vielen Jahren – wie sehen Sie die Entwicklung?

    Es ist wie in vielen anderen Branchen: Momentan trennt sich die Spreu vom Weizen. Die guten Betriebe und die, die noch Potenzial haben, werden auf Dauer bestehen bleiben. Für viele Betriebe wird es immer schwieriger, wenn sie ihre Vermarktung selbst organisieren müssen. Es war schon immer die große Problematik im deutschen Gartenbau, dass die Gärtner ihr Heil in allen möglichen Absatzwegen gleichzeitig gesucht haben. Da wird direkt verkauft, der LEH bedient, Gartencenter beliefert, ein Teil ausgefahren und vielleicht noch Landgard beliefert – das alles nebeneinander geht einfach nicht! Die Betriebe müssen sich darauf konzentrieren, entweder Produzenten oder Händler zu sein. Zahlreiche Gärtner haben sich auf den Endverkauf konzentriert. Da ist es in der Zwischenzeit auch schwierig geworden wegen der flächendeckenden Expansion von Baumärkten und anderen.

    Auch Dehner ist vielerorts als Anbieter am Markt.

    Wenn ein gutes alleinstehendes Gartencenter oder ein fleißiger Gärtner auf gute Qualität setzt oder eine gute Dienstleistung bietet, kann er neben unseren Gartencentern ohne Weiteres bestehen, denn wir sind keine Preisbrecher. Wir machen vernünftige Preise und kein Harakiri mit Preisen unter der Gürtellinie. Übrigens merken wir, dass in der letzten Zeit eine Marktbereinigung beispielsweise im Baumarktbereich stattfindet. Anscheinend hängen die Trauben im Pflanzenverkauf nicht mehr so tief, wie das früher einmal der Fall war.

    0 Kommentare
    Was denken Sie? Artikel kommentieren

    Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
    Schreiben Sie den ersten Kommentar.

    Artikel kommentieren
    Was denken Sie? Artikel kommentieren